Kolumbien Teil 2, von Salento nach Bogota

 

Probleme:

 

Auf diesem Abschnitt waren wir extremer Hitze ausgesetzt, dies tat auch meinem Ölverlust am Motor nicht gut, ich verlor mittlerweile ca einen Liter auf 1000 Kilometer. In Bogota arbeiten wir daran, dies zu beheben.

 

Ersatzteile wie Stoßdämpfer sind nicht für Defender verfügbar, müssen aus dem Ausland - in meinem Fall Australien importiert werden. Auf unserem Ausflug nach Caragena wurde ich leider wieder krank, wiederkehrende Ohrentzündung und Magen-Darmprobleme durch verunreinigtes Essen in Bogota. ( Alexa ging es auch daheim nicht besser und der Verdacht läuft in die Richtung einer Giardien-Infektion.)

 

 

 

Reiseroute:

 

Salento - Mananziales - Honda - Puerto Trifuno - Rio Claro - Hacienda Napoles - Honda - Guaduas - Alma Viva (Rennstrecke von Pacho an der Autopista Norte bei Chia) - Salzkathedrale Zipaquira - Alma Viva - Zentro Bogota - Iguana, Calle 127 - Alma Viva - Residenzia el Puente (Ruta al Tenjo)

 

 

Reisezeitraum:

 

29. September bis 22. Oktober 2015

 

Reisebericht:

 

Salento liegt hinter uns, über eine breite Autobahn führt uns der Weg nach Mananziales. Dort biegen wir ab auf eine Passstraße, die uns wieder Richtung Osten bringen soll. Gemütliche Fahrt, hier herrscht viel weniger Verkehr als auf der Linea 5.

Aber trotzdem verläuft der Tag wieder mal nicht so, wie wir uns das vorgestellt hatten. Die Straße führt am höchsten Vulkan Kolumbiens vorbei, dem Nevado del Ruiz. Schneebedeckt erhebt sich Dieser auf 5311 Meter. Einmal konnten wir ihn von Salento aus sehen, denn meist ist er sowieso wolkenverhangen.

 

Leider herrscht auch auf diesem Vulkan erhöhte Aktivität, Alarmstufe Gelb und so dürfen wir leider nicht hinauffahren. Nach der Passhöhe von 3600 m schlängelt sich die Straße wieder hinunter auf knapp 400 Meter, mit jedem Meter hinunter wird es heißer. Im Gegensatz zur Desierto Tatacoa diesmal aber mit fast 100 % Luftfeuchtigkeit.

 

Wir erreichen die Stadt Honda, Pflichtstopp für Bea und Helmut zur Fotosession am Ortschild, fahren die beiden doch Motorräder selben Namens.

Eine Stunde später und ein Stück weiter nördlich biegen wir ein in ein idyllisches Tal und fahren wieder 200 Höhenmeter bergauf, Temperaturtechnisch rührt das aber leider nicht merklich an. Der Camping enttäuscht uns, statt idyllisch am kühlen Ufer des Rio Claro zu campen, müssen wir auf dem Parkplatz bleiben. 50 Meter neben der Straße mit Ausblick auf eine Tankstelle. Ein bisschen frustriert bereiten wir unser Abendessen zu und zerfließen fast in diesem feucht-heißen Klima.

 

Am nächsten Morgen spazieren wir ein Stück Flussaufwärts bis zum Refugio des Regionalparks und gehen erst mal schwimmen. Ach wie herrlich! Abkühlung, frisches, klares Wasser. Ein Traum.

Im Refugio können diverse Wanderungen und Touren gebucht werden, Alexa und ich entschieden uns für die Höhlentour, die soll spektakulär sein, einen halben Kilometer durch eine Marmorhöhle, ohne Weg und Steg. Bea und Helmut sind erst mich motiviert, wir überreden Helmut aber doch, da die Tour eine Mindestteilnehmerzahl erfordert und die haben wir noch nicht erreicht. Der leider nicht sehr motivierte Guide bringt uns die Schutzhelme und Schwimmwesten, denn in der Höhle ist es zum Schwimmen. Sie wird von einem Fluss durchzogen. Die Kamera in einen wasserdichten Beutel verstaut, die Stirnlampen (eigene) mit neuen Batterien versorgt und es kann losgehen.

 

Zuerst spazieren wir eine halbe Stunde das Flussufer entlang, besichtigen eine kleine Höhle unter einem Felsüberhang. Dann ändert sich das Profil der Tour. Wir müssen schwimmend den Fluss überqueren und der Guide führt uns durch praktisch wegloses Gelände über einen Pass auf die Rückseite des Felsens. Gut das wir genug Wasser dabei haben, den wir schwitzen wie die Schw…..

Nach einer weiteren dreiviertel Stunde erreichten wir endlich den Höhleneingang. Noch ein paar Instruktionen, wie wir uns in der Höhle zu verhalten haben, dann steigen wir durch ein schmales Loch hinab in die Finsternis. Wir müssen dabei über Felsen klettern, waten erst mal knietief durchs Wasser. Die erste Hälfte der Höhle ist noch relativ einfach zu bewandern, ab Halbzeit ändert sich das schlagartig. Wir müssen in Wasserlöcher hinunterspringen, gegenüber die Felswand wieder hochklettern, nur um einen halben Meter weiter gleich wieder in ein Wasserloch hinunter zu springen. Ich mach mir ein bisschen Sorgen um die Kamera und den wasserdichten Beutel, ob der wirklich so dicht ist. Helmut unterstützt mich beim Transport, und nimmt mir den Beutel immer ab, bevor ich springe, damit ich damit nicht direkt untertauche. Denn stehen kann man in den Wasserbecken nicht mehr, 2-3 Meter tief ist der Fluss hier. Ausgerechnet beim letzten Sprung passiert dann noch ein kleines Malheur, ich springe und schlagartig wird es finster, beim Eintauchen ins Wasser hat es mir die Stirnlampe vom Helm gezogen. Diese liegt jetzt in mehreren Metern Tiefe irgendwo auf Grund. Die anderen leuchten mir den Weg um die letzten 3 Kurven und die ersten zaghaften Lichtstrahlen des Höhlenausgangs leuchten uns entgegen. Zum Abschluss müssen wir noch einige Meter ein Netz hinunterklettern und den Fluss wieder schwimmend überqueren.

 

War eine echt coole Tour, wäre noch besser gewesen, wenn der Guide bessere Motivation gehabt hätte. Diese Tour sollte jedoch nur jemand unternehmen, der einigermaßen fit und beweglich ist und keine Probleme mit Platzangst hat.

Zurück im Refugio mieten wir uns 3 LKW Schläuche und tuben gemütlich auf dem Fluss unserem Camping entgegen. Toller Ausklang des Tages.

20 Kilometer vom Rio Claro entfernt steht die Hazienda Napoles – oder sagen wir die Überreste davon. Einst gehörte diese 3000 Hektar große Hazienda dem berühmten Drogenboss Pablo Escobar. Dazu später mehr.

 

Erst wurde unsere Anfahrt polizeilich unterbrochen, wir mussten die Straße räumen für ein großes Radrennen. Mit 2-stündiger Verspätung stehen wir vor dem Tor der Hazienda. Da das Gelände mehrere Quadratkilometer umfasst, wurde uns empfohlen, diese mit dem Auto zu erkunden.

 

Nach dem Tod von Escobar und der Zerstörung seiner Wohngebäude wurde das Gelände für Jahre seiner selbst überlassen. Er war damals Fan von Afrika und hatte sich hier seinen eigenen Zoo angelegt. Nachdem sich niemand mehr um das Gelände kümmerte, verendeten die meisten Wildtiere, nur die Nilpferde überlebten und wuchsen zu einer richtigen Kolonie. Irgendwann Anfang der 2000er Jahre, nach einem langen Rechtsstreit, wer denn nun der rechtmäßige Besitzer der Hazienda sei, begann man, einen Erlebnispark anzulegen. Teilweise sehr kitschig, mit riesigen Dinosaurier-Modellen, die Pablo damals für seinen Sohn hat bauen lassen, künstlichem Wasserfall, einer Themenausstellung zum Leben und Tod von Escobar und einem Tierpark. Basis bildeten die Nilpferde, im Laufe der Zeit kamen immer mehr große afrikanische Tier und Raubkatzen hinzu. Teilweise stammen die Tiere aus Zirkussen und Zoos, wo sie schlecht behandelt wurden. Hier genießen die Tiere riesigen Auslauf und Platz. Die Tiere sind nicht scheu, teilweise kommt man ihnen sehr nahe. Es war der erste Tierpark, in dem man per Fahrzeug von Gehege zu Gehege fahren kann. Auch cool, gleich neben dem Nashorn-Gehege liegt ein Campingplatz! Fast alle Großtiere sind vertreten, wilde Büffel, Nashörner, der Vogel Strauß, Springböcke, Elefanten, Zebras, Löwen, Tiger, Leoparden, Krokodile und Echsen, Seeotter, ein Schmetterlings und Reptilienhaus, Wasserschweine, diverse Affen und schlussendlich die Nilpferde. Diese verfügen über einen eigenen See und genießen hier ihr Leben. Die alte Stierkampfarena dient heute als Afrikamuseum, durchaus interessant.

Nur Pablos Wohnhäuser sind heute weitgehend dem Erdboden gleichgemacht. Was irgendwo schade ist. Ein Haus beinhaltet das Museum über sein Leben, nicht weit entfernt findet man noch einige Überreste seiner riesigen Autosammlung. Er soll in den 80ern eine der größten Autosammlungen der Welt besessen haben.

 

Pablo Escobar wurde 1949 in armen Verhältnissen geboren und wuchs auf in Gewalt. Er startete seine Karriere als Autodieb und Kleinkrimineller. Waffen brachten ihm Respekt, Kontakte zu lokalen Unterweltgrößen die Basis seines Erfolges. 1971 wurde er im ganzen Land bekannt, als er einen unbeliebten Großindustriellen entführte und diesen nach Erhalt der Lösegeldzahlung erdrosselte.

 

Mitte der 70er Jahre begann der Kokain-Boom, Escobar war einer der ersten, der das Potenzial erkannte und schnell stieg er zum Führer des Medellín-Kartelles auf. Er untermauerte seine Macht mit ungeheurerer Brutalität und ließ während seiner Laufbahn über 30 Richter und mehrere hundert Polizisten ermorden. Jeder, der sich ihm in den Weg stellte, wurde umgebracht. Sein engster Vertrauter tötete alleine über 150 Personen. Bei vielen armen Kolumbianern galt Escobar lange als Held, er hatte den Ruf eines Robin Hood, denn er verteilte Geldbündel unter den Armen, baute Schulen, Fußballplätze, Straßen und Sozialwohnungen. Er unterstützte auch viele Krankenhäuser.

 

Geld dafür hatte er genug, er wurde sogar in den kolumbianischen Kongress gewählt. Politische Immunität schützte ihn vor Strafverfolgung. Im Kampf gegen Regierung, Rebellen und gegnerische Drogenkartelle verloren tausende Menschen ihr Leben. Auch auf der Hazienda Napoles fanden Hinrichtungen statt. Teilweise auch zum Vergnügen der anwesenden Gäste.

 

Er kontrollierte 80 % des kolumbianischen Kokains, 4 von 5 in den USA geschnupften Koks-Lines wurden von Escobar geschmuggelt. Meist per Flugzeug. Sie flogen Richtung Florida. Dort wurde das Kokain abgeworfen, eingesammelt und verteilt. Von Kolumbien in die USA verteuerte sich das Kokain um das 3-Fache, dort wurde es von 90% Reinheit auf 30% gestreckt und vervielfachte den Gewinn ein weites Mal.

Jeden Tag! wurden 15 Tonnen Kokain außer Landes gebracht, Pablo verdiente pro Woche etwa 400 Millionen US Dollar. Er soll mit einem Barvermögen von über 30 Milliarden Dollar damals der 7.-reichste Mensch der Welt gewesen sein. Er nahm so viel Geld ein, das es bald unmöglich war, das ganze Geld zu waschen, Es wurde in Lagerhäusern gelagert, in Häuser eingemauert oder einfach vergraben. Er verlor alleine durch Mäusefraß bis zu 2 Milliarden Dollar pro Jahr.

 

1990 handelte er mit der Regierung einen Deal aus um den Krieg zu beenden und baute sich sein eigenes Gefängnis. Dort konnte er jeden Tag Gäste empfangen, verfügte über Prostituierte und Kokain, Tennisplätze, Terrassen und Whirlpools. Er verbrachte 11 Monate darin, dann verpfiffen 2 Militärs Pläne der Regierung, ihn doch in eine militärische Anlage zu verlegen. Daraufhin floh her und wurde von tausenden Polizisten gesucht. 1993 wurde er schließlich in Medellín aufgespürt und einen Tag nach seinem 44. Geburtstag auf einem Hausdach erschossen.

Da Alexas Reisezeit dem Ende zuging mussten wir nach Bogota fahren. Unterwegs stoppten wir nochmal an einem netten Campingplatz mit Swimmingpool, bevor wir die Fahrt hinauf in die Berge antraten. Bogota liegt auf 2700 Metern Höhe.

Einige Km nördlich von Bogota besuchen wir noch einen außergewöhnlichen Ort, die Salzkathedrale von Zipaquira. In einem alten Salzbergwerk wurde 1954 eine Kathedrale ganz in Salz erbaut. Die Abbaustollen wurden dabei großzügig ausgebaut, die Hauptkirche ist 3-schiffig, 120 Meter lang und erstreckt sich über 8500 Quadratmetern. In den Labyrinth artig angelegten Gängen wurden Kapellen angelegt, Kreuze und Statuen aus dem Salzstein gemeißelt und ein Kreuzweg mit 14 Stationen angelegt. Das ganze beeindruckt durch wechselnde farbige Illumination.

Angeschlossen daran sind riesige unterirdische Souvenirshops und eine Führung durch das Salzbergwerk. Diese war aber sehr enttäuschend und eher für Kinder ausgelegt.

Stefan (ein Reisefreund) hatte bei Chia, nicht weit von Bogota einen Stellplatz aufgetan, dort fahren wir auch hin und richten unser Camp ein. Wir freuen uns, das Pacho – der Besitzer – uns auch erlaubt hier unsere Fahrzeuge abzustellen, während wir mit Alexa das Zentrum von Bogota erkunden und anschließend für 3 Tage nach Cartagena fliegen.

 

Alexa fliegt von Cartagena aus nach Hause. Es war ein bisschen schwierig zum Timen, mit dem Wo und Wie des Heimfluges, da wir ja vorher schwer abschätzen konnten, wie gut wir in Kolumbien vorankommen würden. Mehr als die halbe Strecke hatten wir dann schlussendlich nicht geschafft. Das Paradoxe daran ist, das sie von Cartagena erst mal wieder nach Bogota zurückfliegen musste um anschließend in den Großen Flieger umzusteigen, der sie zurück in die Heimat bringen sollte. Die Flugbuchungsfirma war leider nicht bereit ihren ersten Flug-Teil zu stornieren und ihr das Einsteigen direkt in Bogota zu ermöglichen.

Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht.

 

Zurück nach Bogota. Per Bus fahren wir ins Zentrum, das sich am Sonntag mit den verschlossenen, verrammelten Geschäftseingängen und den Graffiti-verschmierten Wänden nicht sehr einladen präsentierte. Als wir schließlich noch 700 Meter von der Haltestelle bis zum Hostal marschierten, wurden wir laufend von Pennern um Geld angebettelt. Recht sympathisch sahen diese Zeitgenossen nicht unbedingt aus. Nachdem wir von der netten Rezeptionistin des Hostals einige Tipps erhalten hatten, machten wir uns auf den Weg durch die Altstadt. In der Fußgängerzone trafen wir auf tausende Menschen, dutzenden Straßenkünstlern, hunderten Verkäufern, Anbietern von kleinem Glücksspiel, von Würfeln über Glücksrad bis zu Meerschweinchen-Rennen. Während Musiker spielten, dampfender Kaffee aus mobilen Kaffee-Brüh-Ständen verkauft wurde, liegen Obdachlose mitten auf der Straße oder in Hausecken und schlafen ihren Rausch aus.

 

Eines der Highlights, oder sogar das Highlight der Stadt ist das Goldmuseum. Hier werden größtenteils präkolumbianische Fundstücke aus Gold präsentiert. Das Museum ist weltweit einzigartig und stellt 35000 hauptsächlich aus Gold hergestellte Exponate zur Schau. Genial – am Sonntag sind alle Museen in Bogota gratis! Wer sich für Museen interessiert wird in Bogota garantiert fündig, es warten weitere 57 Museen und 62 Galerien auf Besucher.

Die wertvollsten Exponate sind in einem Speziellen Tresor-Bereich untergebracht mit halben Meter dicken Stahltüren.

Zurück auf der Straße bahnen wir uns weiter den Weg durch die Menschenmassen. Schräge Typen, geschäftstüchtige Menschen, die probieren, aus allem Geld zu machen, finden sich am Straßenrand. Religion und Sex schließen sich hier auch nicht aus, Girls in knappen Bikinis und Marienbilder liegen in Nachbarschaft auf der Straße. Es tut sich so viel, das man gar nicht weiß, wohin man seine Augen zuerst richten soll.

Nach einiger Zeit erreicht die Fußgängerzone das Regierungsviertel. Wir sehen den mit edlen Steinplatten verkleideten Betonbau des Justizpalastes, der 1985 von Guerillas besetzt wurde.

Gegenüber erhebt sich der Nationalkongress mit seiner gewaltigen Säulenhalle und am oberen Ende der Plaza Bolivar steht die obligatorische Kathedrale.

 

Wir folgen weiter der Straße, Soldaten kontrollieren uns im Bereich der Regierungsgebäude. Vor den Eingängen stehen Gardesoldaten in alten Uniformen und exerzieren. Kirchen motivierten uns auf unserem Rundgang diesmal nicht so besonders, sie gibt es ja in jeder südamerikanischen Stadt zuhauf, vielmehr lenkt sich unsere Aufmerksamkeit auf eine Reihe wirklich gut gemachter Graffitis.

Diese wurden teilweise von namhaften Künstlern gesprayt und mittlerweile wird sogar eine eigene Graffiti-Tour angeboten.

 

Bea und Alexa sind müde, gehen ins Hostal zurück um sich ein bisschen zu erholen, Helmut und ich nehmen den Cerro Monsereate in Angriff. Der Monserate ist sowas wie de Hausberg der Stadt, erklimmbar per Seilbahn bietet sich von der Kirche am Gipfel ein grandioser Ausblick über die 8-Millionenstadt. Bogota wächst unkontrolliert sehr schnell, die Landflucht der Menschen in Kolumbien ist sehr groß und wie überall in diesen Mega-Ballungsräumen erhoffen sich die Menschen Arbeit und Wohlstand und landen meist doch nur in den Armenvierteln am Stadtrand. Bogota ist mittlerweile die 4.-größte Stadt in Lateinamerika (nach Sao Paulo, Buenos Aires und Lima) und liegt auf Platz 39 weltweit.

 

Der Ausblick ist gewaltig, die Menschenmengen, die auf die Tal-Fahrt warten, auch. Unten in der Stadt war es einigermaßen warm, hier oben pfeift der Wind. Das 2 stündige Warten auf die Gondel war nicht angenehm nur im T-Shirt. Ich bekomme Ohrenschmerzen und diese werden rasch stärker.

Um dreiviertel 7 Uhr abends sind wir schließlich zurück im Hostal, die Mädels warten schon. Wir rücken nochmal aus um uns etwas zum Abendessen zu besorgen. Wir laufen einige Blocks in jede Richtung. Nichts, Sonntag, alles geschlossen. Viele haben nur mittags auf. Zur Auswahl stehen schließlich eine billige Hamburgerbude mit dutzenden Gästen oder ein kleines nettes Lokal, das aber wenig besucht war. Wir entschieden uns für letzteres, auch weil es draußen mittlerweile sehr kalt war und meine schmerzhaften Ohren auch lieber in einem windgeschützten Raum saßen. Dieser Besuch sollte sich später noch rächen.

 

Die russische Chefin des Lokals war mit unseren 3 Bestellungen und der 4 weiteren des Nachbartisches total überfordert und ruderte planlos durch die Küche. Wir warteten über eine Stunde auf das Servieren unserer Gerichte. Generell war das ja ein Genuss zum Zuschauen.

Morgens drehte ich noch eine kleine Runde durch die Umgebung, wir verabschiedeten uns von Helmut, der nicht nach Cartagena mitflog. Für ihn stand heute die Beschaffung von ein paar Ersatzteilen für die Motorräder auf dem Programm.

Um halb 12 holte und das Taxi ab und mit überraschend wenig Verkehr standen wir eine knappe halbe Stunde später am Flughafen. Wir hatten einen ruhigen Flug und landeten am späten Nachmittag in der berühmten Hafenstadt.

 

Geh Leck! Als wir auf die Flugzeugtreppe hinausstiegen, schlug uns die schwülheiße Luft wie mit einem Faustschlag ins Gesicht. Das kann ja heiter werden. Wer zum Beispiel schon mal in Bangkok aus dem Flughafen getreten ist, kennt das Gefühl. Es erschlägt dich förmlich. Hier in Cartagena war das sogar noch eine Stufe stärker als das, was ich von meinen früheren Südostasien-Reisen kannte. Binnen Minuten waren wir durchgeschwitzt. Dabei gingen wir nur 300 Meter zu Fuß zur Schalterhalle mit dem Gepäckband.

 

Für gnadenlose 3 Euro ließen wir uns in die ummauerte Altstadt zu unserem Hostal fahren. Erschöpft ließen wir uns in der Rezeption in die bereitgestellten Sessel plumpsen und füllten die Anmeldung aus. Anschließend bezogen wir unsere Betten im nur Ventilator gekühlten Mehrbettschlafsaal.

Lange konnten wir uns aber nicht ausruhen, denn die Sonne zog auf ihrer Bahn unaufhaltsam dem Horizont entgegen und die Rezeptionistin hat uns empfohlen, unbedingt zum Sonnenuntergang auf einen Drink zum Cafe del Mar auf die Stadtmauer zu steigen. Wir schlenderten durch die engen Gassen der Altstadt, die mich wiederum irgendwie daran erinnerte, wie ich mir Kuba vorstellen könnte. Das Cafe del Mar ist ein wirklich spektakulärer Platz für einen Sonnenuntergang, aber leider etwas hoch in der Preisgestaltung. So kauften wir uns an einem Verkaufsstand gleich daneben 3 gut gekühlte Smirnoff Ice für günstiges Geld und setzten uns auf die Mauer.

 

Lange hielt ich es aber leider nicht aus, denn der Küstenwind fuhr mir in die Ohren und die Ohrenschmerzen fingen wieder an zu rasen. Dazu verstärkte sich auch mein ganzes körperliches Unwohlsein und große Übelkeit machte sich breit. Ich fragte die Mädels ob es ihnen was ausmacht alleine Abendessen zu gehen, denn ich müsse mich hinlegen. Zurück im Hostal war ich total fertig, innerhalb von 30 Sekunden schlief ich ein. Bea und Alexa gingen mit ein paar anderen Mitbewohnern aus dem Hostal aus und waren die halbe Nacht Salsa-Tanzen.

 

Ich verbrachte die halbe Nacht auf dem Häuschen, geplagt von Durchfall, der so dünn war, das ich das auch pinkeln hätte können.

Morgens quälte ich mich zum Frühstück, wir starten zusammen einen kleinen Rundgang. Nette, enge Gassen, urige kleine Geschäfte, umtriebige Geschäftigkeit auf der Straße, Musik, Rhythmus liegt in der Luft. Cartagena ist genauso, wie ich mir das vorstellte.

Die Menschen in Cartagena sind durchwegs Farbige,sie sind abstammend von schwarzafrikanischen Sklaven. Durch deren anderer Kultur wirkt das Leben hier noch bunter als im Rest Südamerikas. Karibisches Flair. Und wenn das Leben in Südamerika generell sehr langsam abläuft, haben sie hier das Uhrwerk noch ein wenig langsamer eingestellt. Fast wie in Zeitlupe.

 

Außer beim Tanzen, da liegt der Rhythmus im Blut, mit unglaublicher Geschwindigkeit und Geschmeidigkeit bewegen sich die Frauen. Genial zum Zuschauen – wenn man gesund ist. Nach einer Stunde muss ich meinen Spaziergang abbrechen und ich schleiche wieder zurück in mein Bett.

 

Im Hostal sind sie unwahrscheinlich nett, erkundigen sich laufendnach meinem Zustand, bieten mir an, in das eine klimatisierte Zimmer umzuziehen, was ich dankend annahm. Zusätzlich stellten sie mir noch einen Ventilator neben das Bett, damit ich es ja angenehm hatte.

Nachmittags kam dann Alexa zurück, auch ihr ging es von Stunde zu Stunde schlechter. Da lagen wir nun, unfähig irgendwas zu tun. Bea organisierte uns eine Elektrolyt und Minerallösung, wir mussten viel Trinken und dem Körper etwas nachführen für den Verlust. Ich pendle den ganzen Tag zwischen Bett und Toilette, was zeitweise ganz schön anstrengend war, bei 2 Toiletten-Duschräumen für mindestens 20 Bewohner. Denn ging jemand duschen – war auch gleichzeitig die Toilette für längere Zeit blockiert.

 

Ein weiterer Tag verschwendet im Bett, nur zum Abendessen komm ich raus. Über die letzte Nacht verbessert sich unsere Lage schließlich doch, gerade recht für den Rückflug. In Bogota angekommen, verabschieden wir Alexa zu ihrem Heimflug nach München und nehmen ein Taxi zurück zu unseren Fahrzeugen.

Helmut erwartet uns mit einem Abendessen, viel bring ich aber nicht runter und lieg um 8 Uhr im Dachzelt. Das Wochenende brauche ich noch zur Erholung, Bea und Helmut fahren in die Stadt Reifen kaufen. Ich wollte eigentlich auch samstags in die Werkstatt, ich brauche neue Stoßdämpfer und einen Viscolüfter, verschiebe das dann aber auf Montag, bin einfach noch nicht auf dem Damm.

 

Am Montag um 8 Uhr stehe ich bei IGUANA 4x4 vor der Tür, einer bekannten Werkstatt und gut ausgestattet mit Offroad-Zubehör. Leider sind die Nachrichten wenig erbaulich, denn neuere Defender sind in Kolumbien so gut wie unbekannt, es gibt nur einige alte Series-Modelle, deshalb gibt’s keine Ersatzteile für mein Fahrzeug. Die Stoßdämpfer müssen aus Australien importiert werden. Da wir eh eine Weile in Bogota bleiben werden, ist das aber kein so großes Problem. Ich mache ein paar Tage später einen Termin aus für das Wechseln aller Öle, dazu muss ein Öl Leck geschlossen werden. Wir lokalisieren den Ölfilter-Anschluss-Block als den Übeltäter. Dazu muss die rechts vordere Achskugel neu abgedichtet werden. Soweit so gut. In einem Tag war das alles erledigt, Jetzt muss ich ein bisschen fahren, und schauen ob das dicht hält und es das einzige Leck war.

Wer steht denn da? Zurück auf dem Camping steht ein altbekannter Mercedes Truck neben Stefan. Gibt’s doch nicht, Kurt und Elisabeth sind da. Na das muss gefeiert werden. Wir organisieren einen kleinen Grillabend – was sonst? Und laden auch die Besitzer und Arbeiter des Platzes, auf dem wir hier so gut und kostenlos stehen dürfen, dazu ein.

 

Dabei erzählen uns Pacho (gesprochen Patscho) und Daniel (die Besitzer hier) das hier auf ihrer Rennstrecke am Wochenende ein Art Rally-Cross-Rennen stattfinden wird – Cool.

Man muss wissen, Pacho und Daniel Peirreira sind motorsportbegeistert, haben mehrere Rennwagen, eine Werkstatt dafür und hinten draußen eine eigene Offroad-Rennstrecke. Daniel war Teilnehmer der Dakar-Rally 2015, hat diese Rally bei seiner ersten Teilnahme auch beendet und zwar auf dem guten 52. Platz. Gratulation! Momentan bereiten sie sich auf die Dakar 2017 vor und bauen dafür einen komplett neuen Wagen auf. Wirklich vom Allerfeinsten. Am Vortag hatte Daniel mit seinem Bruder bei einem Offroad-Nachtrennen über 230 Km den ersten Platz belegt. Darauf trinken wir ein extra Bier.

 

Südamerikatypisch zieht sich alles ein bisschen, bis es losgeht, Pacho hat am Vortag die Kurven gut unter Wasser gesetzt, alles ist bereit. Leider sind nicht alle gemeldeten Fahrzeuge erschienen, das tat dem Spaß aber keinen Abbruch.

Erst wurde eine Qualifikation gefahren, um die Startplätze festzulegen, dann fanden je 2 Rennen zu je 30 Minuten statt. Für das Endergebnis wurden die 2 Rennen dann zusammengezählt. Der 68-jährige Pacho ist zwar nicht mehr jung, aber trotzdem noch schnell und schmeißt seinen Mitsubishi in die erste Startreihe. Daniel steht neben ihm. Spannung beim Start, die Beiden kommen gut weg. Familienduell. Die Strecke ist extrem schlammig, nach 2 Runden ist von der gelben Farbe ihrer Fahrzeuge nichts mehr zu sehen. Die beiden liefern sich ein Kopf an Kopf rennen, bis ein Dreher das Rennen entscheidet. In der Pause werden die Fahrzeuge gewaschen, repariert, aus Kanistern nachgetankt.

 

Das Ergebnis des ersten Rennens ist gleichzeitig die Startaufstellung des 2.

Leider endet die Familien-Dramatik des Rennens mit einem Defekt Pachos. Ihm ist doch glatt der Schaltknauf abgebrochen. 5 Runden hält er noch mit, fahrend nur in einem Gang, dann ist es zu Ende.

Die Zielflagge winkt Daniel als ersten ab. Gezeichnete Gesichter erscheinen bei der Siegerehrung. Aufgrund des guten Ergebnisses des ersten Rennens darf sich Pacho zumindest noch den 3. Platz abholen, Daniel ist der Gesamtsieger. Das wird gebührend gefeiert und auch wir bekommen genug von Wein und Champagner ab.

 

Zwischendurch gab es noch ein wenig Spaß, als ein Privatfahrer seinen Toyota in der Wassergrube versenkt, dann durften wir alle ein paar Runden mit Daniel auf der Rennstrecke drehen. Definitiv cool, nass und dreckig. So soll es sein.

 

Der Renntag klang aus und Helmut und ich wollten noch schnell zum Jumbo Supermarkt fahren. Auf dem Weg von Auto zum Eingang hörten wir Musik, nach ein paar Takten war klar, das hört sich bayrisch an. So wie in vielen anderen Ländern stehen die deutschen Exportgüter Bier und Oktoberfest auch hier in Kolumbien ganz oben in der Beliebtheit. Wir werfen einen Blick in das neben dem Supermarkt aufgebaute Zelt und siehe da: Oktoberfest. Deutsches Bier, Schweinshaxen und vorne auf der Bühne spielen die Kolumbianer Bierzeltmusik.

Wir lernen Sandra kennen, sie arbeitet hier als Animateur, trägt grünes Dirndl und ist recht fesch. Helmut und ich bekommen Gratis-Bier von ihr, dafür müssen wir auf die Bühne und was singen. Die hatten sicher noch keine Deutschen auf ihrem Oktoberfest. 3 Mal mussten wir „Ein Prosit der Gemütlichkeit singen, 300 Kolumbianer prosteten uns zu und applaudierten. War sicher ein komischer Anblick, als wir mit unseren Schlamm-getränkten Hosen auf der Bühne standen.

Wir verabschiedeten uns vorläufig von unseren Freunden und zogen zu Patricia ins Haus. Wir sollten-mussten ein wenig am Computer arbeiten, das war am Camping mit Wind, Staub und Dreck etwas schwierig, ein ordentlicher Tisch und ein Sessel würde dafür auch nicht schaden. Wir suchten im Internet nach einer geeigneten Unterkunft und wurden hier fündig, Patricia lebt mehr oder weniger alleine in einem riesigen Haus auf 2 Hektar Grund. Die Kinder sind aus dem Haus ihr Mann baut Häuser und ist fast nie daheim. Um nicht so einsam zu sein, vermietet sie privat ein Zimmer. Sicher, ruhige Lage, perfekt für uns. Wir fahren hin, stellen uns vor, schauen alles an, Sympathie passt und wir bleiben da.

 

Wir werden sofort in die Familie integriert, sie sprechen auch sehr gut Englisch. Eine ihrer 3 Töchter sogar ein paar Worte Deutsch, da sie ein Semester in Friedrichshafen studiert hat. Das ist etwas, was uns bisher generell in Kolumbien aufgefallen ist, das Lernen von Fremdsprachen ist hier weiter verbreitet als in anderen südamerikanischen Ländern. Speziell Englisch gilt als Fremdsprache Nummer 1, da sich Kolumbien als das nördlichste Land des südlichen Kontinents viel stärker an den USA orientiert als an den Nachbarländern.

 

Patricia lädt uns am Wochenende ein ins Haus ihrer Eltern zu einer Geburtstagsfeier. Ihre Eltern wohnen auch hier auf diesem Gelände, ebenfalls in einem schönen großen Haus. Ihr Vater ist ein richtiger Patron, er hat das Sagen, kümmert sich um den Wein. Ein netter Abend in illustrer Gesellschaft. Auch hier werden wir wieder auf Deutsch überrascht, da der Ehemann einer von Patricias Schwestern, deutsche Vorfahren hatte. Die Welt ist doch irgendwie klein.

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