Peru Nord - Cordillera Blanca und Canon del Pato Teil 2 Fortsetzung:

 

 

 

Durch eine enges Tal, vorbei an steilen Felswänden, an denen Kletterer sicher eine Freude hätten, schlängelt sich die schlaglochreiche Piste hinauf. Das Tal öffnet sich, wird etwas breiter und ich erreiche den Lago Chinacocha, den ersten und schöneren der beiden Llanganuco-Seen. In unglaublichem Grün liegt er da, erinnert mich ein wenig an die Farbgebung des Rio Baker in Patagonien. Eine Felswand erhebt sich direkt aus dem Wasser, das andere Ufer ist gesäumt von Bäumen mit einer roten schrumpeligen Rinde. Dieser Baum, el Quenaal Polylepsis sericea kommt in Höhen bis zu 5200 m vor und ist damit der am höchsten vorkommende Baum der Welt. Er kann bis zu 15 m hoch werden und besitzt eine extrem hohe Widerstandsfähigkeit gegen kalte Temperaturen.

 

Hinter dem oberen See, dem Orgoncocha hab ich ein wenig zugeschaut, beim Kühe und Rinder zusammentreiben , mit Lassos wurden sie eingefangen und vom Tierarzt geimpft.

 

Am Ende des Tales steigt dann eine schlechte, schlaglochreiche Piste in unzähligen Serpentinen hinauf auf den über 4700 m hohen Portachuelo Pass. Mit jeder Serpentine wird der Ausblick besser, die beiden Huascaran’s sind immer im Blick mit dem links daneben stehenden 6354 m hohen Chopicalqui, auch die 4 Gipfel des Huandoy blinzeln manchmal aus den Wolken.

 

Heute habe ich einen schlechten Tag, ein leichtes Unwohlsein entwickelt sich während der Auffahrt in starke Bauchschmerzen, Nierengegend, als ich fast oben bin hatte ich kurze Kolik-artige Schmerzen, auch hatte ich den ganzen Tag schon großen Druck auf der Blase, wahrscheinlich eine Blasen-Entzündung eingefangen. Nur noch bis zur Passhöhe, dann drehe ich um, denke ich mir, vielleicht auf die Wanderung zur Laguna 69 verzichten, wieder zurück zur Lodge fahren.   Ein paar Mal bekomme ich noch starke Schmerzen, jedes Mal steige ich aus, strecke mich und atme durch, dann geht’s etwas besser. Mir steht direkt der Schweiß auf der Stirn. Kalter Schweiß. Ich beginne mehr zu trinken, als ich unten bin, geht es mir soweit wieder gut, deshalb beschließe ich mit der Rückfahrt noch zu warten, An dem kleinen Parkplatz, wo die Wanderung beginnt, lege ich erst mal die Beine hoch, trinke viel und esse etwas Obst, außer einer ziehenden Blase und andauerndem Druck, auf die Toilette zu gehen, verschwinden die anderen Beschwerden komplett.

 

Ich mach mir ein kleines Abendessen und übernachte dort. Richtige Entscheidung. Der nächste Tag beginnt mit einem Traum-Wetter, Ich rase nochmal den Großteil der Serpentinen hinauf, bis zu einer Kurve die als Aussichtsplatz dient, -9.043585 S -77.599398W, klettere dort auf den Felsvorsprung und habe einen gewaltigen Rundumblick. Beste Loge, erster Rang. Wenn ihr euch das Panoramabild in der Galerie anschaut, dann seht ihr von links nach rechts:

 

Den 6354 m hohen Chopicalqui den Huascaran Norte, 6470 m, Huascaran Sur 6768 m, dann teilt das Tal mit den beiden Lagunen die Berge, rechts daneben erheben sich der die 6160 m hohe Steilwand des Huandoy Sur, gefolgt vom 6366 m hohen Westgipfel, dem 6400 m hohen Huandoy Hauptgipfel und dem 6000 m hohen Ostgipfel. In kleinem Abstand folgt der leicht zu besteigende 5752 m hohe Pisco und ganz rechtes die Eiswand mit dem Doppelgipfel 6112 und 6001 m hohen Chacraraju.

 

Es ist ein unglaubliches Panorama. Nachdem das morgendliche Farbenspiel vorbei war, begab ich mich nach unten, um die Wanderung zur Laguna 69 zu starten. Um diesen wunderschönen Gletschersee zu erreichen, sind auf knapp 7 km Wegstrecke knapp 800 Höhenmeter zu überwinden. Zuerst relativ flach im Tal den Fluss entlang, dann führt der Weg steil nach oben, ein grandioser Ausblick mit einem knapp 200 m hohen Wasserfall und darüber der Eiswand des Chacraraju eröffnet sich. Nach 3 Stunden und 15 Minuten stehe ich am Ufer des intensiv blauen Sees. Leider begann es kurz vorher zuzuziehen und die Gipfel verschwanden in den Wolken. Man kann nicht alles haben.

 

Laut Wanderkarte existiert eine fast eben verlaufende Querung von der Laguna hinüber zum Refugio Peru an den Füßen des Huandoy. Warum den gleichen Weg zurückgehen, wenn man einen Rundweg machen kann. Ich frage einen Guide einer Touristengruppe am See über den Weg. Er sagt kein Problem, ein kurzer steiler Anstieg nach dem See, dann hinüberqueren zum Refugio, dort wären dann noch ein paar Felsblöcke zu queren auf der Gletschermoräne.

 

Hört sich nicht schlecht an. Die Lagune liegt auf 4580 m, das Refugio auf 4700. Das sollte zu bewältigen sein. Der anscheinend kurze Anstieg nahm dann aber kein Ende, Es ging erst mal auf fast 4900 m hinauf, teilweise fast weglos, mit ein paar Steinmännchen zur Orientierung. Der Weg war vollkommen falsch in der Karte eingezeichnet. Irgendwann dachte ich ans umdrehen, weil ich müde wurde, Mittlerweile 5 Stunden gehen und über 1000 Höhenmeter in meinen untrainierten Beinen. Aber die Hälfte der 4,5 Km Querung hatte ich hinter mir, da dachte ich, zurück brauche ich jetzt mindestens die gleiche Zeit wie wenn ich weiter gehe. Also bleibt nur vorwärts. Nach einer weiteren Stunde erreichte ich einen Platz, der mir Ausblick über das Tal und die darüber liegende Huandoy Gruppe verschaffte. Scheiße, zu dem Moränenfeld, von dem der Guide gesprochen hatte, musste ich erst mal 200 Höhenmeter wieder absteigen um dann drüben wieder 100 Hm hinaufsteigen zu müssen. Ich war müde und hatte die Schnauze voll, na dann ans Werk, Die Knie begannen zu schmerzen vom Absteigen, dann erreichte ich die Moräne. Kein Weg war mehr zu sehen. Richtiges Klettern über teils sehr große Steinblöcke war angesagt, die Steinmännchen verschwanden im steinernen Hintergrund, 2 Mal kam ich vom Weg ab und musste einen Umweg nehmen, schön langsam war ich kaputt.

 

Endlich hatte ich das Scheißfeld gequert und die Hütte war vor mir. Fast 4,5 Stunden waren seit Verlassens der Laguna 69 vergangen, der Uhrzeiger rückte auf 5 Uhr vor. Noch 6 Kilometer Abstieg zurück zu Auto, und in etwas mehr als einer Stunde wird es finster. Nein, das mach ich nicht. Ohne Wissen in welchem Zustand der Abstieg ist, trau ich mir das nicht mehr zu, wenn das auch so eine scheiß Steinkletterei ist…….Ich frag in dem Refugio zum Übernachten. Sie haben Platz, kein Problem, es ist noch eine 6 köpfige französische Bergsteiger Gruppe da, die morgens um Ein Uhr die Besteigung des Pisco in Angriff nehmen. Eine Suppe und Spagetti gibt es zum Abendessen. Kohlehydrate die ich jetzt brauche. Die Nacht ist kalt auf 4700 m, Gott sei Dank haben sie ein paar Decken hier, denn Schlafsack hab ich ja keinen dabei. Dann fällt mir ein, dass ich mir nicht sicher bin, ob die hintere Türe des Defender verschlossen ist, hatte vor ein paar Tagen bemerkt, dass die Zentralverriegelung bei einer Tür nicht funktioniert. Und jetzt war ich mir nicht sicher, ob ich in der Früh den Knopf auch extra gedrückt hatte. Die Nacht war unruhig. Eher fast als schlaflos zu bezeichnen. Gleich in der Morgendämmerung um 6 Uhr stehe ich voll angezogen vor der Tür und beginne den Abstieg. Der Weg war steil aber gut, nach einer Stunde und 20 Minuten bin ich unten. Und wie ich es befürchtet hatte, die Tür war unversperrt, das Auto aber unberührt. Uff. Glück gehabt. Ich verlasse das Tal, fahre zurück zur Llanganuco Lodge, Schlecht Wetter zieht auf.

Dort genieße ich erst mal eine kalte Dusche – Heiß ist gut aber aus – und hau mich in den Liegestuhl. Um relaxt meinen 40er zu feiern. Happy Birthday! Im wahrsten Sinne des Wortes.

 

Eins weiß ich, heute ist der Tag um meinen guten österreichischen Marillenschnaps aufzumachen. So ein Stamperl brauch ich jetzt – oder 2… …

 

Mein Geburtstagsdinner verbringe ich dann mit 2 Deutschen, Vater und Tochter, die hier ein paar Tage zur Erholung verbringen. Die Tochter verbringt ein Austauschjahr in Peru, der Vater ist auf Besuch.

 

Das Essen war gut, das Bier war kalt, ich bekam einen Bananenkuchen mit Kerze und die Angestellten der Lodge sangen mir ein Happy Birthday. Ende Gut – Alles Gut.

 

Beim Fahrzeugcheck hatte ich entdeckt, dass der Lenkhebel, den ich in Bolivien getauscht hatte wieder locker war und Spiel hatte. Kann doch nicht sein. Gut das ich mich immer regelmäßig unters Auto lege. In Caraz kam ich an einer kleinen Werkstatt vorbei, die mir sympathisch war, Ich fragte ob er die Mutter neu festziehen könne, denn ich hatte keinen 34er Schlüssel dabei. Er ließ mich über die Grube fahren, stieg unters Auto und rüttelte an den Spurstangen. Die sind ja alle ausgeschlagen stellt Herr Regalado fest, Er kann sie pressen sagt er, damit alles wieder schöne streng sitzt. Ok, er baut alles aus, der Gummi eines Spurstangenkopfes war auch eingerissen, den hat er getauscht, alle Köpfe gepresst, neu gefettet und wieder eingebaut. Proberunde. Wow, der lenkt jetzt ja wie ein GoKart! Das ganze Lenkungsspiel ist komplett verschwunden. Da freut man sich.

 

Von Caraz aus starte ich meine letzte Cordillera Blanca Tour. 32 km quäle ich mich über eine unsäglich schlechte Piste hinauf auf 4200 m zur Laguna Paron. Ich schlage mein Camp auf einer kleinen Wiese mit Blick über den See auf, gleich neben dem Parkranger Haus. Der Taleingang ist wieder gespickt mit steilen hohen Felswänden, um den See erheben sich 8 hohe Berge. Die Rückseite des Huandoy, gefolgt vom Pisco, 5752 m, Chacraraju 6112, die Pirámide de Garcilaso 5885m, dem Paria 5600, dem perfekten Kegel des Artesonraju 6025 m, dem Caraz 6025 m und dem Aguja, 5840 m

 

Nach einem wieder einmal schönen Sonnenaufgang wanderte ich den knapp 4 km langen See entlang und stieg hinterhalb hinauf auf die Gletschermoräne des Artesonraju. Vorbei an einer weiteren kleinen Lagune steigt der Weg steil an, neben einer Wand mit Wasserfall weiter hinauf, bis er die Hauptmoräne erreicht. Der letzte der insgesamt 7 Kilometer ist der steilste, Ich muss 3 mal atmen für einen Schritt. Irgendwann stehe ich aber auf 4750 m, das Basislager des Berges ist erreicht. Der Blick auf den sich von mehreren Bergen herunterschlängelenden Gletscher, der in einen kleinen See kalbst ist beeindruckend. Es zieht aber wieder zu und es wird Zeit für den wieder mal teilweise weglosen Abstieg. Abends falle ich zufrieden in mein Bett. Und mit ein bisschen Wehmut. Die letzte Wanderung, die letzte Nacht in großer Höhe. Es heißt Abschied nehmen von der Cordillera Blanca, Es hilft nichts die Zeit läuft.

 

Der nächste Morgen bietet nochmal einen schönen Sonnenaufgang und als allerletztes steige ich noch auf einen kleinen Aussichtsplatz hinauf. 200 m über dem See. Ich werde begleitet vom Hund des Parkrangers, der mir den Weg zeigt. Dann geht’s zurück nach Caraz.

 

Caraz ist ein nettes Städtchen, liegt nur mehr auf 2000 m und bietet ein warmes und angenehmes Klima, ein bisschen außerhalb betreibt ein Landwirt den kleinen Campingplatz Guadalupe. Chaime, der Chef gehört mit 25 Hektar hier zu den großen Bauern. Er ist sehr gesprächig und erzählt über das Leben und die Landwirtschaft hier. Er hat es nicht leicht, die Preise sind tief, für ein Kilogramm Tomaten bekommt er gerade mal 25 Euro Cent. Er hat sein Angebot breit gefächert, Blumen, Mais gelb und schwarz, Weizen und weitere Gemüse. Wenig Maschinen, das Meiste ist Handarbeit. Einen kleinen Steyrer Traktor besitzt er und ein paar Kühe. Je nach Produkt können sie hier zwischen 2 und 3 Mal im Jahr ernten, bei einem Hektar Tomaten zb. liegt der Ertrag bei ca. 15 bis 20 Tonnen. Das Meiste wird im Inland verkauft, an Supermärkte in Lima und an die regionalen Märkte vor Ort. Noch ist hier das meiste natürlich gewachsen, Durch den Klimawandel wird aber auch hier begonnen mehr zu spritzen, auch Saatgutkonzerne wie Mosanto haben den Fuß in der Tür und drängen leider mehr und mehr auf den Markt.

 

Nach dieser lehrreichen Exkursion in Perus Landwirtschaft verlasse ich die Gegend durch den Canon del Pato. Die beiden Nachbargebirge Cordillera Blanca und die Cordillera Negra kommen sich hier so nahe, das nur mehr der tosende Rio Santa die beiden Massive trennt, entlang der Steilwände führt die Straße nun dem Meer entgegen. 35 handgesprengte Tunnel sind zu durchfahren, ohne Licht und ohne Alles, einige Brücken queren den Fluss mal von einen auf die andere Seite. Der obere Teil bis zum Kraftwerk Huallanca ist asphaltiert, dann beginnt eine üble Wellblechpiste, auf der man für die nächsten 80 km kräftig durchgerüttelt wird. Der Canyon erstreckt sich über 100 km, und ist einer der Spektakulärsten die ich bisher gesehen habe. Je weiter man runter und Richtung Küste vorstößt, desto trockener und wüstiger wird die Landschaft. Von dieser Straße zweigt schließlich eine Piste nach Norden ab, die an der Panamericana endet und somit die Strecke nach Trujillo gegenüber der Hauptstraße via Chimbote um knapp 2 Stunden abkürzt. Der letzte Abschnitt ist reine Wüste.

 

Die Berge liegen jetzt hinter mir, entlang der Küste fahre ich jetzt nördlich, der ecuadorianischen Grenze entgegen.

 

 

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