Ecuador, die Rückkehr, Beginn der 2. Runde durch den Kontinent

 

Probleme:

keine

 

Reiseroute:

München - Bogota - Sasaima - Bogota -Neiva - Mocoa - Pasto - Ipiales - Ibarra - Quito - Laguna Mojanda - Ibarra - Esmeraldas - Las Penas - Borbon - Limones (Valdez)  - Borbon - Las Penas - Alto Tambo - Ibarra

 

 

Reisezeitraum:

24. Februar bis 28. April

 

Reisebericht:

 

Dank der Einlösung meiner Flugmeilen war das Mitbringen von 104 Kg Gepäck easy und so kam ich ohne weitere Zusatzkosten und erholt und ausgeschlafen in Bogota an. Am Zoll musste ich, wie erwartet bei dieser riesigen Menge, das ganze Gepäck öffnen und ihnen erklären, was ich denn da so alles dabei hätte. Die Kontrolle verlief sehr korrekt und relaxt. Das Vorzeigen der Autoersatzteile wurde nur mit einem Ok quittiert, erledigt, keine Frage nach den Rechnungen, kein Bezahlen von Einfuhrsteuer, das war leichter, als vorausgesehen.

 

Per Taxi erreichte ich das Anwesen meiner Gastfamilie, die Tür war offen, keiner da, nur ein Zettel auf dem stand, dass sie geschäftlich 3 Tage im Norden sind. Essen wäre im Kühlschrank, das Zimmer vorbereitet, es tut ihnen leid, aber hoffentlich würde ich die Tage ohne sie auskommen. Kein Problem, Zeit war eh nötig um den Landy vorzubereiten, die Beladung neu zu organisieren, für das Mitgebrachte muss ja mal ein wenig Platz geschaffen werden. 2 Tage vergingen auch bei Iguana in der Werkstatt, um die mitgebrachten Teile zu verbauen, die Federn des Fahrwerks zu wechseln und die gesamten Gummilager und Buchsen des Landrover auszutauschen. Ein Dichtring der Hinterachse musste auch noch abgedichtet werden, die unteren Kästen im Heck des Landys habe ich zum Schutz mit dünnen Alu Riffelblech beplankt und das neu mitgebrachte Nanokom (Diagnosegerät) musste aktiviert werde. Vielen Dank dazu an die Mitglieder des Black-Landy-Forum für die Hilfe dabei.

 

Während meines Heimaturlaubs bekam ich zu Ohren, dass ein früherer Burghauser, der gebürtige Kroate Bozo Pavic, ehemaliger Inhaber des Lokas „IVAN“ in der Wackerstraße, vor 8 Jahren mit seiner kolumbianischen Frau nach Bogota ausgewandert ist und dort ein Restaurant eröffnet hat.

Tolle Nachrichten! Nix wie hin. Das Restaurant heißt Bukara, liegt gegenüber dem World-Trade-Center und ist -das kann ich vorwergnehmen-, definitiv einen Besuch wert.

Bozo kannte natürlich das Gasthaus Weinberger und war sehr erfreut über meinen Besuch. Ich hatte das Glück, seinen monatlichen „Hummer-Tag“ zu erwischen, zu solchen Köstlichkeiten kann ich sowieso nicht nein sagen. Voraus serviert mir Bozo ein Thunfisch Carpaccio. Geschmacklich ein Hochgenuss. Bozo spielt hier sein fachliches Können voll aus, hat sein Restaurant im gehobenen Bereich etabliert, alle Tische waren doppelt belegt über Mittag, Reservierung erbeten. Mit Bozo hätte ich noch viel Zeit verbringen können, aber das Wochenende stand vor der Tür und die Eltern meiner Gastfamilie hatten zu einem Ausflug in das Wochenendhaus eingeladen, da konnte ich auch nicht nein sagen, denn ein paar Tage Erholung waren schön langsam nötig. Ein kaltes Bier und ein warmer Jacuzzi sind genau das Richtige dafür.

Meine Rückkehr nach Kolumbien traf sich genau mit der Regenzeit. Nachdem ich in Bogota alles erledigt hatte, blieben mir noch 9 Tage Rest in dem Land. Bis zum letzten Tag wollte ich das bei dem schlechten Wetter nicht mehr auskosten und so fuhr ich zügig in wenigen Tagen Richtung Süden, nach Ecuador.

 

Beim Kilometerfressen fällt dann auch die kolumbianische Straßenmaut ganz schön ins Gewicht, während weniger als 600 Kilometer standen 10 Mautstellen mit umgerechnet 28 Euro Kosten zu Buche. Das ist mehr als ein Drittel der österreichischen Jahresmaut. Wie die Kolumbianer sich das leisten können?

 

Südlich von Mocoa treffe ich auf ein kolumbianisches Straßenhighlight, den „Trampolin del Muerte“ – Trampolin des Todes. Eine einspurige Schotterstraße, die sich ähnlich der bolivianischen Yunga-Straße abenteuerlich am Abgrund der Berge entlanghantelt. Jetzt in der Regenzeit, gesäumt von Wasserdurchfahrten und hohem LKW Verkehr ist die Straße durchaus ein anspruchsvolles Fahrprojekt. Mindestens 10 Mal muss ich teilweise mehrere hundert Meter die kurvige Straße zurücksetzen bis zu einem Ausweichplatz, denn der Truck hat das Recht des Stärkeren und der Kleinere muss weichen. Nach stundenlanger Fahrt und einigen Militärkontrollen erreiche ich Stadt Pasto.

 

Gut asphaltiert rolle ich von dort der kolumbianisch-ecuadorianischen Grenze entgegen. Der Grenzübertritt war schnell erledigt, spät nachts bin ich geschafft zurück in der Finca Sommerwind in Ibarra.

Die Finca Sommerwind war mir letztes Jahr auf meiner Fahrt nach Norden schon ein guter Stützpunkt und die Besitzer Patricia und Hans zu Freunden geworden. Es war klar, dass ich hier etwas länger verweilen wollte, auch um endlich ein bisschen auszuspannen von den vorangegangenen Strapazen und des Heimaturlaubes.

 

Um Zeit in Ecuador zu haben, musste ich mich erstmal um das ecuadorianische 6 Monats Visum bemühen, da ich von meinen vorangegangenen 90 Tagen nur mehr 17 Rest hatte. Nach einigen Besorgungen und 2 Fahrten nach Quito hatte ich auch dieses in der Tasche. Jetzt konnte der gemütlichere Teil beginnen.

 

(Infos zur Ausstellung des Visa in der Rubrik Alles rund ums Reisen)

Die Tage vergingen, Reisende kamen und gingen, beim täglichen Lagerfeuer wurden Geschichten und Informationen getauscht. Da Patricia und Hans hauptberuflich die Tage in der Stadt verbringen, hat es sich ergeben, dass ich jeden Tag für die Familie koche, und am Wochenende im Café mithelfe. Als Kellner oder als Koch, immer im Einsatz. Wir hatten viel Spaß, auch hier verging die Zeit wie im Flug.

Die Finca Sommerwind liegt am See Yahuaracocha. Der Name bedeutet übersetzt „Blutsee“. Er entstand vor 12000 Jahren als Gletschersee am Fuße des 4600 m hohen Vulkans Imbabura. Bei Kämpfen verfeindeter Indianerstämme vor hunderten Jahren soll das Blut der vielen getöteten Feinde das Wasser des Sees rot gefärbt haben. Bei einer Wanderung hinauf in die Berge hinter der Finca hat man einen traumhaften Blick auf den See, den Vulkan und die Rennstrecke.

Auf meinen mehrmaligen Fahrten von Ibarra nach Quito befuhr ich regelmäßig die Panamericana, die über Berge und durch tiefe Schluchten gebaut werden musste. Seit einigen Jahren investiert das Land Unsummen von Geld um die Straßen des Landes auf modernen Stand zu bringen und an den zunehmenden LKW Verkehr anzupassen. Dabei werden riesige Eingriffe in die Bergflanken gemacht.

Die ecuadorianischen Straßen sind zu 90 % asphaltiert und gelten als die besten Straßen in Lateinamerika. Teilweise besser als bei uns daheim.

Für mein Visum musste ich mehrfach nach Quito fahren, dabei hatte ich natürlich nochmal Zeit für einen Spaziergang durch die Stadt. Immer wieder ist es eine Freude, den Gitarrenklängen der Musiker an der Plaza zu lauschen.

Wie üblich bin ich bei Gerd im Hostal Zentrum gestanden, flankiert von weiteren Reisenden

Einen längeren Besuch in Quito habe ich auf die Osterwoche gelegt. Ostern ist für die Menschen in Ecuador das wichtigste religiöse Fest des Jahres. Wichtiger noch als Weihnachten. Fast jeden Tag der Karwoche gibt es Messen, Prozessionen und andere Festlichkeiten.

 

Eine der wichtigsten Prozessionen ist die Prozession des Lichtes am Gründonnerstag. Zuerst finden in der Dämmerung einige Messen in den verschiedenen Kirchen statt, anschließend treffen sich die Katholiken und die Priester zu einem Umzug mit Lichtern. Es werden religiöse Requisiten durch die Straßen und Gassen getragen, betend und singend folgt die Bevölkerung. Einige Teilnehmer tragen das lila Büßergewand mit den Kapuzen. Sie werden „Cucuruchos“ genannt. Nach einer Runde von 2 Stunden, die meisten wichtigen Kirchen der Stadt passierend endet die Prozession mit einer weiteren Messe.

Die wichtigste Veranstaltung zu Ostern (span. Semana Santa) ist die Procession Jesus del gran Poder, die Karfreitagsprozession. Am Kreuzigungstag Jesu steht die Buße und das Sühnen der eigenen Sünden im Vordergrund 8000 Prozessionsteilnehmer nehmen die beschwerliche, mehrere Kilometer durch die historische Innenstadt verlaufende Route in Angriff, 50000 Menschen säumen die teils engen Straßen und Gassen um dem anstrengenden Schauspiel teilzunehmen. Fast 3000 Polizisten sorgen für Ordnung und Sicherheit.

 

Abordnungen der verschiedenen Kirchen und Orden der Stadt wechseln sich mit den tausenden Cucuruchos, die Schlange an Menschen ist schier endlos. Viele nehmen Jesu gleich ein schweres Holzkreuz auf ihre Schultern und quälen sich in der brütenden Mittagshitze die steilen Gassen der Altstadt hinauf. Die violetten Kutten sind aus dicker Baumwolle genäht, unter den hohen spitzen Kapuzen mit den kleinen Augenschlitzen ist es unerträglich heiß unter der Mittagssonne.

Manche setzen sich eine Dornenkrone auf, binden sich stachelige Kakteen auf den nackten Rücken, wickeln sich in Stacheldraht ein, peitschen sich mit Brennnesseln und Dornenbüschen, haben ihre nackten Füße mit schweren Eisenketten gefesselt. Immer wieder brechen sie unter der Last der zentnerschweren Kreuze zusammen, zwei-dreimal muss das Rote Kreuz einschreiten, die meist familiären Begleiter haben viel zu tun, um den Büßern während vieler Pausen Wasser einzuflößen und derweilen das Kreuz zu halten. Mehr als 5 Stunden dauert die Runde bis die Teilnehmer zurück an der Plaza San Francisco sind. Körperlich sind sie am Ende, viele können sich kaum noch auf den Beinen halten, schleppen die schweren Kreuze die letzten Meter mit scherzverzehrtem Gesicht, ihre Seele ist erlöst.

 

Anschließend zelebrieren zehntausende Menschen eine Messe unter freiem Himmel, Sie singen und beten mit den Priestern und Mönchen, am Oster-Sonntag feiern sie das Fest der Auferstehung und den Sieg des Lebens über den Tod.

Am Ende stärken sich die Menschen mit einem Eintopf namens „Fanesca“, einer dicken Suppe mit Fisch (Jesus teilte den Fisch), 12 verschiedenen Hülsenfrüchten (symbolisieren die 12 Apostel) und Brot

Zwischen Quito und Otavalo liegt oben in den Bergen ein bezaubernder See, die Laguna Mojanda. Auf dem Rückweg von den Osterfeiern in Quito nach Ibarra bot sich dieser schöne Umweg an. Bei Tabacundo zweigt eine Schotterpiste ab und schraubt sich steil den Berg hinauf. Oben über den Pass öffnet sich der Ausblick auf die 2 Seen. Durch die Regenzeit war der Ausblick leider etwas getrübt, bei gutem Wetter fällt der Blick direkt auf den dahinter aufragenden Vulkan Imbabura und der See leuchtet tiefblau in der Sonne.

 

Das schlechte Regenwetter bereitete mir dafür viel Freude beim Befahren der schlammigen, aufgeweichten Lehmpisten. Einen Tag verbringe ich dort oben, dann fahre ich hinten rum auf der anderen Bergseite wieder hinunter nach Otavalo.

In Ibarra treffe ich meine Reisebekanntschaften aus Quito wieder und weitere Reisende. Abends bei einer Unterhaltung am Lagerfeuer erzählt Hans von einer Tour, die wir mit ihm machen könnten, hinunter an die Küste Esmeraldas, nach Schwarz-Ecuador.

 

In diesen nördlichen Provinzen des Landes ist der Großteil der Bevölkerung schwarz, sie sind Nachfahren von Sklaven. Die Lebensweise der Menschen ist anders, Esmeraldas wirkt mehr afrikanisch als lateinamerikanisch. Hans zeigt uns ein paar Fotos und wir beschließen, eine dreitägige Tour zu starten.

Wir fahren zusammen mit Hans Pickup, Thomy und ich sitzen hinten auf der Pritsche, weil wir zu sechst innen nicht Platz haben. War aber cool, mal eine andere Perspektive.

Ein Stück nördlich von Ibarra biegen wir nach Westen ab und die relativ gut ausgebaute Straße schlängelt sich rasch durch schöne Täler tiefer. Unterwegs stärken wir uns kurz an einem kleinen Essensstand mit Empanadas, eine kleine Pause tut gut während der mehrstündigen Fahrt hinten auf der Pritsche. Spätnachmittags erreichen wir Las Penas, einen kleinen, etwas schäbig wirkenden Küstenort. Hans hat uns Zimmer in einem netten Hostal reserviert, mit Swimmingpool, das nutzen wir gleich mal ausgiebig. In einem kleinen Restaurant, das Hans schon von früher kennt, essen wir zu Abend, Sie tischen uns eine Marisco-Platte auf, mit Garnelen, Muscheln, Fisch und vielem mehr aus dem Meer. Ein geschmacklicher Leckerbissen.

 

Esmeraldas Küste bestand Großteils aus weitläufigen Mangrovenwäldern mit idealen Bedingungen durch die zahlreichen, hier in den Pazifik mündenden Flüsse. Ein weitverzweigtes Netz aus Kanälen und kleinen Flussarmen schlängelt sich durch den undurchdringlichen Küstenwald. Ein großer Teil dieses einzigartigen Naturraumes wurde die letzten Jahre durch den Menschen zerstört, denn das salzige Brackwasser der Mangrovengebiete eignet sich hervorragend zur Shrimps Zucht.

 

Ecuador, Thailand und Indien produzieren heute mehr als 2 Drittel der weltweit verzehrten Shrimps. In riesigen Aquakulturen werden vorwiegend an Flussmündungen der Mangrovenwälder riesige Becken ausgehoben und mit dem salzigen Wasser gefüllt. Bis zu 600.000 Tieren pro Hektar werden mit Eiweißhaltigem Fischmehl gefüttert und gedeihen dann prächtig. Da die Haltung einer so hohen Tier Population auf engem Raum sehr krankheitsanfällig ist und ein großer Teil des Tierfutters am Beckenboden verfault sind der Einsatz von Unmengen an Pestiziden, Antibiotika und der regelmäßige Austausch des Wassers Grundbedingung, mit weitreichenden Folgen für Mensch und Umwelt.

 

Ein Bootsführer fährt uns mit einem schmalen, langen, an einen Einbaum ähnelnden Boot von Borbon aus, flussabwärts. Durch mehrere Seitenarme biegen wir ab weiter nördlich, bis wir die Stadt Limones (Valdez) erreichen. Hier stoppen wir für eine Mittagspause, in einem kleinen Restaurant wird uns ein wohlschmeckendes Hühnchen mit Reis serviert. Gut gestärkt machen wir uns auf einen Rundgang durch die kleine Stadt, die hauptsächlich von Fischen, Kokosnüssen und der Versorgung der in der Umgebung lebenden Menschen lebt.

 

Die Bevölkerung ist sehr arm, wahrscheinlich die Ärmsten des Landes, sie sind sehr offen und freundlich. Speziell die Kinder haben viel Spaß am Fotografieren.

An jeder Ecke des Rundgangs erschrickt man über den Zustand der Stadt, verfallene Häuser, schlammige, ungepflegte Straßen, Berge von herumliegenden und schwimmenden Müll, die Menschen kümmert es nicht. Die Schattenseiten sind groß hier in dieser Gegend, wie so oft an der Küste.

 

Auf der Weiterfahrt stoppen wir an einer kleinen Farm, es ist der Betrieb der Familie unseres Bootsführers. Sie verarbeiten hier Zuckerrohr und Kokosnüsse. Von Ersterem wird der Saft ausgepresst und bei hohen Temperaturen zu Melasse eingekocht, genannt Panela. Die Kokosnüsse werden geraspelt und mit der Panela zu einer deftigen Süßspeise geröstet. Nebenbei wird in der Kokerei Holzkohle produziert.

Die Familie zeigt und erklärt uns den Ablauf, ich darf auch mal ran beim Rösten. Die Kinder sind sehr aufgeweckt und drängen sich förmlich vor die Kamera, laufen dauernd um uns herum. Viele Weiße werden sie noch nicht gesehen haben in ihrem jungen Leben.

Wir steuern die Insel Tolita an, der Bootsführer legt unsere Ankunft genau auf den tiefsten Wasserstand der Ebbe. Mehr als 2 Meter liegt der Wasserstand jetzt niedriger als bei Flut und gibt die lehmigen Strände frei, die übersäht sind von hunderttausenden Scherbenresten und Artefakten der Tolita Kultur. Mehr als 3000 Jahre alt sind die zerbrochenen Tonscherben, auf denen wir mit unseren Füßen herumstehen. In anderen Ländern wäre das unmöglich, Grabungsstätten wären weitläufig abgesperrt.

Der Chef des örtlichen Museums erwartet uns schon und zeigt und erklärt uns ein bisschen was zu den Artefakten. Aus Ton wurden Gebrauchsgegenstände, Zeremonialobjekte und kleine Statuen angefertigt. Anschließend öffnet er uns das kleine Museum, das eher einer Bretterbude gleicht und zeigt uns die am besten erhaltenen Fundstücke. Sogar einige Skelette hat er hier ausgegraben. Es wäre viel auszugraben und zu erforschen hier, aber aus Geldmangel passiert nicht viel.

 

Unser Bootsführer gleitet mit uns weiter hinein in das Gewirr aus Kanälen und Flussläufen, immer wieder passieren wir wackelige, auf Stelzen gebaute Holzhäuser, deren Bodenniveau hoch genug ist, um bei Flut trocken zu bleiben.

Wir erreichen die Mangroven. Die aus dem salzigen Wasser emporragenden Wurzeln sind die höchsten der Welt. Beeindruckt gleiten wir lautlos nur mit dem Paddel durch den engen Wasserlauf. Das Blätterdach über uns ist geschlossen, mystisch und dunkel ist die Lichtstimmung.

 

Ein paar Kilometer weiter noch, vielleicht eine halbe Stunde Bootsfahrt und wir wären in Kolumbien. Vor ein paar Jahren hätten wir nicht hierherfahren können, zu gefährlich wäre es gewesen. Die kolumbianischen FARC Rebellen hatten hier ihre Rückzugsgebiete, Schmuggler und Drogenkuriere nutzen das undurchdringliche und schwer kontrollierbare Gebiet für ihre Aktivitäten.

Man mag das gar nicht für real halten, wenn man durch diese traumhafte Landschaft fährt, nur begleitet von den natürlichen Geräuschen, dem Vogelsang und dem regelmäßigen Geräusch des Paddels, wenn es durch das Wasser gezogen wird.

Auf dem Rückweg halten wir noch an einer kleinen Kokosnussfarm am Ufer eines größeren Flussabschnittes. Der Sohn des Farmers holt uns in gewagter Freiluftakrobatik mehrere frische Kokosnüsse von einer sicher 15 Meter hohen Palme. Unser Bootsführer öffnet sie für uns mit ein paar gekonnten Hieben seiner scharfen Machete, wir schlürfen das erfrischende Kokoswasser und löffeln das Fleisch.

Für die Rückfahrt hat Hans noch etwas ganz Spezielles für uns, eine Fahrt auf selbstgebauten Schienenfahrzeugen durch den Dschungel.

 

Erst hatten wir aber noch mit heftigen Regen zu kämpfen, der schon die ganze Nacht von laut donnernden Gewittern begleitet, vom Himmel fiel. Die Straßen waren überschwemmt und auch auf hinten auf der Pritsche war es alles andere als angenehm. Nach dem Besuch einer kleinen Kakaoverarbeitung, an der aber wegen des Wetters kein Betrieb war, erreichen wir zügig den Ort Alto Tambo, früher Haltestelle der ecuadorianischen Eisenbahn, die die Verbindung von Ibarra bis an den kleinen Pazifikhafen San Lorenzo betrieb. Der Hafen von San Lorenzo ist verlandet, hat heute keine Bedeutung mehr, andere, größere Häfen entstanden, die Eisenbahn wurde eingestellt und verfiel.

Nur von Alto Tambo aus werden 20 Kilometer des Schienenstrangs weiterhin genutzt. Es gibt ein Dorf unten im Dschungel, das nur via Eisenbahn erreicht werden kann, dazu kommen die zahlreichen Goldgräber, die an den steilen Andenabhängen illegal nach Gold schürfen. In Alto Tambo haben sie früher ihr Gold versoffen, von einem Besuch dieses Ortes hat man vor einigen Jahren wegen der Sicherheitslage abgeraten.

Heute hat sich die Situation normalisiert, wir können uns unbehelligt bewegen. Hans besuchte die Gegend vor einiger Zeit wegen eines Grundstückes, hat dabei die Schienenfahrzeuge entdeckt und hat beim Dorfvorsteher mal angefragt, ob man denn hier auch mal mitfahren könnte. Wir waren die Versuchstour und die ersten Touristen, die mit hinunter in den Dschungel gefahren sind.

 

Unser „Zugführer“ startet den alten Motor eines Geländewagens mittels zusammendrehen zweier Drähte, wir nehmen Platz auf dem selbstgebauten Gefährt auf Basis eines alten Jeep Chassis, das über eine Ladefläche, einer Sitzbank im Fahrerbereich und einer alten LKW Plane als Regenschutz verfügt. Der Fahrer legt den ersten Gang ein und das Fahrzeug setzt sich auf den rutschigen, regennassen Schienen in Bewegung. Lenkrad gibt es keines mehr, die Metallräder sollten den Schienen folgen. Hoffen wir´s! Langsam bewegen wir uns dahin, erst durch ein paar Felder, dann wird die Vegetation immer dichter, bis wir immer tiefer hineinkommen in den feuchte Regenwald. Nur begleitet durch das sanfte Brummen des Motors und des ewigen Tack-Tack, Tack-Tack, Tack-Tack, wenn die eisernen Räder über den Übergang der Schienenstücke holpern. Meist liegen diese nur mehr lose auf den alten verrottenden Holzschwellen, die meisten Verschraubungen fehlen, viele sind angerostet und zerbrochen, von Erdrutschen und umfallenden Bäumen sind die Schienen sehr verbogen und verlaufen meist nicht wirklich parallel. Das erklärt auch die extrem breiten Antriebsräder des Schienenfahrzeugs. Sie sind notwendig damit das Fahrzeug nicht unkontrolliert aus den Schienen hüpft. Nichts desto trotz passiert eine Entgleisung regelmäßig. Es dauert auch nicht lange, bis wir auf ein entgleistes Fahrzeug treffen. Sie warten schon auf uns, einige größere Äste und Holzbalken vorbereitet, denn nur mit gemeinsamer Hilfe schaffen sie es, das Fahrzeug wieder auf die Schienen zu setzen.

Auf der Fahrt sind einige unbeleuchtete, wassertropfende Tunnel zu durchfahren, nicht sehr vertrauenserweckende Brücken zu überqueren, dazu Stellen, die regelmäßig von Erdrutschen verlegt werden oder wo das Erdreich unter den Schienen abgerutscht ist. Ein paar Holzpfeiler eingebaut und gut ist es. Die Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen beschränken sich auf das Nötigste und werden nur unternommen, wenn es absolut nicht mehr vermeidbar ist, denn über ausreichend Geld verfügen sie nicht.

 

Wir haben ein paar Goldgräber mitgenommen, die irgendwo da unten ihr Camp haben. Benzin, Gas und ein paar Maniok Wurzeln ist alles, was sie vom Dorf mit hinunterbringen. Was sie denn dort essen, wollen wir wissen. Sie lächeln und sagen „Tiere“, praktisch alles was ihnen da unten vor den Gewehrlauf oder unter die Machete kommt.

 

An der Strecke liegen auch 2 sehr hohe Wasserfälle, an einem könnte man im Pool baden. Der Weg dorthin muss mit der Machete freigeschlagen werden, die 300 Meter hinauf sind sehr mühsam, wir brechen ab, da der Regen zu stark ist, der Boden zu matschig und die Felsen zu glitschig sind. Sprich zu gefährlich, ein Fuß ist schnell gebrochen.

 

Mithilfe eines kleinen Hydraulikwagenhebers, der genau im Zentrum des Fahrzeuges untergestellt wird, wird das Fahrzeug ein paar Zentimeter angehoben und gedreht. Die Fahrt nach Oben ist sehr mühselig, da die Metallräder auf den nassen Schienen immer wieder mal durchdrehen, nach insgesamt 4 Stunden sind wir zurück in Altotambo und in der Zivilisation.

Für die kommenden Wochen hat Hans noch so ein Pionierprojekt in Aussicht, diesmal per Boot hinunter in den Amazonas Dschungel. Ich bin dabei.

 

Link zu allen Fotos auf Google Fotos